EM-Medaillen für Nina Benz und Carla Hahn
May 20, 2024 8:38 am
Unfassbares Pech für Max Brandl am EndeWas für ein Tag für das Lexware Mountainbike Team bei der Europameisterschaft in Cheile Grădiștei in Rumänien. Bei Dauerregen, einstelligen Temperaturen und schwierigsten Bedingungen hat sich zunächst Carla Hahn im Cross-Country-Rennen der Klasse U23 den zweiten Platz gesichert. Nach EM-Bronze im Short Track nun Silber über die längere Distanz: “Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das kommt völlig unerwartet.” Kurze Zeit später erkämpfte sich Nina Benz (Foto oben/rechts) im Eliterennen der Frauen den dritten Platz, es ist die dritte Medaille für das Team, das seinen Sitz im Dreisamtal und Hochschwarzwald hat. Was für ein Tag für Lexware aber auch, was das Rennpech betrifft: Max Brandl hatte im Männerrennen als Dritter zu Beginn der letzten Runde die Medaille schon vor Augen, dann verlor sein Hinterrad Luft. Auf dem platten Reifen legte er mehr als die Hälfte der Schlussrunde zurück, musste zwei Konkurrenten passieren lassen und wurde Fünfter. Teamkollege David List erreichte das Ziel als Sechster. Im Cross-Country-Rennen der U-23-Männer hatten sich am Tag zuvor Lennart Krayer und Paul Schehl vom Team Lexware bei trockenen Bedingungen ebenfalls die Plätze fünf und sechs erkämpft. |
Cross-Country Elite Frauen: “Blindflug in der letzten Runde” bei wilden Nina-BedingungenAls sie das Wetter im rumänischen Skiresort auf 1300 Metern am Wettkampftag sah, sagte sie sich: das ist Nina-Wetter – regnerisch, kalt und matschig auf der Strecke. Nina Benz mag wilde Bedingungen, “sowas liegt mir”, sagt sie. Die Prüfung wurde jedoch härter als gedacht. Denn kaum im Ziel legte sie sich in eine warme Badewanne, um wieder Leben in die steif gefrorenen Beine und Arme zu bekommen. “Auf dem rechten Auge habe ich da immer noch nichts gesehen, weil es im Rennen so viel Dreck abbekommen hatte”, erzählt die 25-Jährige. Im Rennen merkte Nina Benz ziemlich schnell, dass es auch für Hartgesottene “eine ganz schöne Herausforderung” wird. “Oh, oh”, dachte sie, “das wird hart”. Sie adaptierte die Gegebenheiten jedoch schnell, rollte in einer Verfolgergruppe mit, die um den dritten Platz kämpfte und entschloss sich als Erste in eine Abfahrt zu gehen, “weil mir das einfach liegt”. Es tat sich prompt eine Lücke hinter ihr auf, Nina Benz hatte Rang drei okkupiert. Den machte ihr anschließend die Österreicherin Mona Mitterwallner streitig: “Berghoch war sie einen Tick zu schnell, um dranzubleiben. Und ich wollte nicht über das Limit gehen. Denn, wenn man hier drüber geht, heißt es auf der nächsten Abfahrt: ciao”, sagt Nina Benz. Sie verlor den dritten Platz – und behielt ihn doch: Weil die vor ihr liegende Weltmeisterin Pauline Ferrand-Prevot nach technischen Problemen aufgab. “In der letzten Runde war das Blindflug. Auf dem rechten Auge habe ich nicht mehr gesehen”, sagt Benz, “ich bin aber überglücklich. Es ist meine ersten EM-Medaille bei der Elite”. Cross-Country Elite Männer; “Ich liege in der Badewanne und habe Tränen in den Augen” Wie viel Pech kann ein Mensch haben? Es heißt, langfristig würden sich Pech und Glück ausgleichen. Bei Max Brandl (Foto oben) ist das im Moment nicht der Fall. Vor den Weltcups in Brasilien erwischte ihn eine Infektion, im Short-Track-Rennen bei dieser EM holte er sich an zweiter Stelle liegend einen Durchschlag am Reifen und nun im Cross-Country-Wettkampf entwich die Luft am Hinterrad schon wieder. Ganz am Schluss, in der letzten Runde, Brandl hatte als Dritter die Medaille bereits vor Augen. Das Badewasser rauscht auch bei ihm. Der deutsche Doppelmeister hat sich nach der Tortur ebenfalls gleich in die Wanne gelegt und sagt: “Ich liege hier in der Badewanne mit Tränen in den Augen. Einerseits, weil ich maßlos begeistert und überwältigt davon bin, wie ich heute Rad gefahren bin. Aber auch ein bisschen, weil ich am Ende mit dem Platten Pech hatte”. Von der dritten Runde an lag der 26-Jährige in den Medaillen. War lange Zweiter, dann Dritter. “Hätte ich eine Medaille geholt, wäre das der Wahnsinn gewesen. Da wäre ich ausgeflippt”, sagt er. Nur ein paar Rennminuten trennten ihn vom Wahnsinn. Dann der Plattfuß. Fünfter statt Dritter. “Es gab viele Platten in dieser Woche hier. Auch Simon Andreassen hatte in Führung liegend einen. Dass es bei mir der zweite in dieser Woche war, ist natürlich ärgerlich”, sagt Brandl. Sich davon nicht unterzukriegen lassen und das Positive zu sehen, das ist Größe: “Ich hätte vor dem Rennen nicht mit Platz fünf gerechnet. Ich bin so ein solides Rennen gefahren, ich bin mega happy.” Teamkollege David List lag anfangs vor Brandl, der 24-Jährige hatte einen Superstart erwischt: “Ich war gleich vorne mit dabei.” In Runde zwei ging er jedoch in einer Kurve kurzzeitig zu Boden, “das hat ein bisschen Rhythmus gekostet”. Er fiel auf Rang fünf zurück. “Es hat sich bei mir grundsätzlich schon gut angefühlt, aufgrund der schwierigen Bedingungen lief aber alles ein bisschen zäh”, erzählt List. Zwischenzeitlich war er Achter, gegen Ende das Rennens machte er wieder Boden gut und schnappte sich noch den sechsten Platz. “Das passt. Mein bestes EM-Ergebnis. Wichtig war heute bei den Bedingungen, heil durchzukommen.” Das ist ihm gelungen. Cross-Country U-23-Frauen: “Ich finde so Bedingungen sehr, sehr geil” Kurz vor dem Ziel kommt die Faust. Sie reißt beide Arme in die Höhe und schreit ihre Freude hinaus, so als wollte Carla Hahn allen mitteilen: “Nein, das kalte Schmuddelwetter hat mir nichs ausgemacht”. Regen und nur fünf Grad konnten ihr nichts anhaben, ganz im Gegenteil. “Ich finde so Bedingungen sehr, sehr geil. Da kann ich auf den Abfahrten meine Vorteile ausspielen.” Die waren offensichtlich: Keine andere U-23-Starterin lenkte ihr Bike so zügig und sicher über die schmierigen Steine bergab. Neben der entsprechenden Technik und viel Schub aus den Beinen verfügt Carla Hahn auch über reichlich Widerstandskraft und Robustheit, bei solchen Bedingungen unerlässlich. Dennoch: Auch die 18-Jährige, die in Freiburg ein soziales Jahr absolviert, kämpfte mit dem tückisch-seifigen Untergrund: “Ich hatte zwei Stürze und einen Fast-Sturz.” In der fünften Runde hatte Carla Hahn nach einem Sturz der deutschen Favoritin Kira Böhm Rang zwei übernommen und brachte die Platzierung sicher ins Ziel: “Das ist ein unfassbar geiles Ergebnis für mich. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich auf das Podium fahre.” Auch ihrer Teamkollegin Antonia Weeger taugen solche Schmuddel-Bedingungen: “Matsch und Regen, das mag ich. Das hat richtig Spaß gemacht.” Mit zunehmender Renndauer und einer guten Portion Hartnäckigkeit arbeitete sich sich in die Top Ten, Rang neun ist ein Achtungserfolg für die 19-Jährige: “Ich bin gut durchgekommen. Es hat alles funktioniert, ich bin happy.” Cross-Country U-23-Männer und Junioren: Ein Stein bremst Lennart Krayer auf dem besten Weg nach vorn Lennart Krayer ist im Cross-Country-Rennen der Klasse U23 nur knapp an einer Medaille vorbeigefahren. Nach dem Start aus der ersten Reihe tauchte das weiße BDR-Trikot zunächst nicht unter den Schnellsten auf. Der 22-Jährige hat nicht die explosivsten Beine, dafür sind sie sehr ausdauernd und entwickeln bergauf mächtig Schub. Von Rang acht aus startete er seine Aufholjagd, war Fünfter und wenig später schon Vierter. Krayer hatte sehr viel Zug, kurz bevor er zum Dritten aufschließen konnte, passierte es: “Es war an einer einfachen Stelle, ich habe da einen Stein blöd erwischt und hatte anschließend einen Schleicher.” Die Luft entwich langsam, aber merklich aus dem Reifen.” Die Fahrt auf der Felge mit anschließendem Laufradwechsel kostete ihn 43 Sekunden, in der dichten Anfangsphase fand er sich anschließend auf Rang elf wieder. Erneut begann der Kampf um jede Sekunde, die Jagd nach vorne, die für Lennart Krayer auf dem fünften Platz endete. “Natürlich war mehr drin, aber was will man machen. Ich habe mich gut gefühlt, die Form stimmt jedenfalls.” 13 Sekunden hinter Krayer erreichte Lexware-Teamkollege Paul Schehl als Sechster das Ziel im EM-Rennen der U23. “Richtig geil ist das”, sagt der 19-Jährige, “ich bin mega zufrieden”. Wenn man im Ziel die beste Platzierung während des gesamten Wettkampfs erreicht hat, hat man viel richtig gemacht. “Am Start bin ich nicht gut wegekommen, ich hatte ein bisschen Probleme mit dem Klicki. Und: Die ersten ein, zwei Runden sind mir schwergefallen”, erzählt er, “anschließend konnte ich jedoch ein konstantes Tempo fahren und einen nach dem anderen einholen”. Der physisch und technisch anspruchsvolle Kurs, das hohe Tempo: “Das hat wehgetan, ich bin schon richtig tief gegangen”, sagt Paul Schehl, “wie ich die zweite Hälfte des Rennens gefahren bin, das macht mich stolz”. Probleme mit dem Tiefgehen hatte Benjamin Krüger. Der Start war noch ganz respektabel, das Lexware-Teammitglied war unter den ersten 15, “dann ging es los”, sagt er. “Ich konnte nicht richtig tiefgehen, was auf so einem Kurs wie hier mit vielen kurzen Anstiegen fatal ist.” Er wurde nach hinten gespült, “ich habe mich mit Rückenschmerzen durchgebissen”, sagt der 20-Jährige, “das war heute nix, mit Rang 30 bin ich nicht zufrieden”. Ole Jan Riesterer vom Team Lexware wurde auch 30., er war damit im EM-Rennen der 78 gestarteten Junioren jedoch zufrieden. “Ich bin aus der letzten Reihe gestartet, konnte mich dann aber gut nach vorne arbeiten”, erzählt der 17-Jährige, der dem jüngeren Jahrgang angehört, “ich hatte gute Beine und bin mit meiner Leistung zufrieden”. |