La Ruta de los Conquistadores: Markus Bauer beim legendären Etappenrennen in Costa Rica

October 22, 2013 6:19 pm

La-Ruta-4-1-News22.-27.10.2013   Markus Bauer bestreitet  in Costa Rica das in Amerika legendäre Etappenrennen “La Ruta de los Conquistadores”.  Auf drei mörderischen Etappen geht es vom 24. bis 26.10. vom Pazifik an den Atlantik. Begleitet ihn bei der Hatz durch den Dschungel und über die Bergketten Costa Ricas in seinem Tagebuch.  

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25.10.   Tagebuch #4: Außer Spesen nichts gewesen!

Der Renntag hat früh begonnen. Um 4:00 Uhr gab es bereits Frühstück. Eigentlich tun wir Rennfahrer das sogar drei Stunden vor dem Rennen, aber nachts um 3 Uhr aufstehen, wäre irgendwie zu viel des Guten gewesen. Naja, bezahlt habe ich das ganze mit einem ordentlichen Völlegefühl in der ersten Rennstunde…

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Der Start war tatsächlich direkt im Sand des Pazifikstrands. Mit der aufgehenden Sonne eine echt tolle Atmosphäre. Die ersten Kilometer auf Teer und Schotter waren entspannt. 10 Quads, 5 Motorräder, 3 Land Rover und 1 Helikopter begleiteten uns… das habe ich bislang auch selten erlebt. Kurz drauf ging aber schon der Ernst der Sache los. Gerade als ich mich noch mit einem ‘Local’ um das Hinterrad von Todd Wells gestritten habe, attackierten zwei Costa Ricaner wie verrückt in den ersten Anstieg. Alle “Favoriten” blieben sitzen. Todd meinte zu mir: “We will have enough time to catch them”, womit er zwar recht hatte. Dennoch wird einer der Jungs später mit 11 (!) Minuten Vorsprung vor Todd Wells und Alex Grant (Cannondale Sho Air) gewinnen.

Mein Rennen ist leider nach 25 Kilometern gelaufen. Es passiert direkt nach der ersten Feedzone. Ich nehme den Camelback an und bin irgendwie noch damit beschäftigt, das Teil auf dem Rücken zu platzieren, als es durch eine Flussquerung geht. Vermutlich war ich für die Tiefe des Wassers zu schnell, oder es lag ein großer Stein da… Egal wie, ich mache einen famosen Abgang über den Lenker. Natürlich versuche ich mich so schnell wie möglich zu sammeln und weiter zu fahren. Doch nach ein paar Metern spüre ich bereits starke Schmerzen in meinem im letzten Jahr zwei Mal operierten linken Handballen sehr deutlich. Ab diesem Zeitpunkt kann ich den Lenker quasi nicht mehr festhalten. Da ein Rennfahrer NIE umdreht, habe ich mich durch den Dschungel geschleppt. Was ein Abenteuer. Teilweise waren einige Passagen selbst zu Fuß kaum machbar. Die Motocross Maschinen lagen reihenweise auf dem Rücken… Haha.

An der zweiten Feedzone angekommen, musste ich die weiße Fahne hissen. Gesundheit geht vor! Alle waren sehr besorgt und haben sich rührend um mich gekümmert. Irgendwann war alles so hektisch, dass mein Kreislauf am Umkippen war. Ich wurde sofort hingelegt und habe Cola bekommen… Alles gut. Irgendwann – vielleicht vier Stunden später – kam ich echt erschöpft im Hotel an.

Der lokale Physio hat mir beim Reinigen der Wunden geholfen und hat sich auch alle Prellungen angesehen. Wollen wir hoffen, dass er vor allem was die Hand angeht, er mit seinem “OK” recht behält…

Rennen werde ich leider Gottes keines mehr fahren können. Ohne den Lenker festhalten zu können, wäre das fahrlässig. Ich fühle mich ein wenig so, als hätte ich die Jungs von Scott hier ausgenutzt. AUSSER Spesen nichts gewesen. Und so eine Konzentrationsnachlässigkeit sollte einem Sportler auch nicht passieren. Aber es passiert halt doch und alle hier stehen auch hinter mir. Vielleicht kann ich mit der diesjährigen Erfahrung und vier Kilo weniger ja kommendes Jahr was ausrichten.

Jetzt heißt es erst mal Wunden lecken und den Start der Winterpause mit einer gehörigen Portion Sonne geniesen. WAS EINE VERRÜCKTE SAISON!!!

Markus

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24.10.   Tagebuch #3: Das erste Mal!

‘Preraceday’ ist immer speziell, auch hier am anderen Ufer des Atlantiks. Es galt etwa 120 Kilometer mit dem Auto zurückzulegen, um zum Startort zu gelangen. Um 8 Uhr haben mich die Jungs abgeholt. Zuerst haben wir das Auto am Shop geladen. Zum ersten mal hat dort auch die ‘lateinamerikanische’ Einstellung zur Uhrzeit zugeschlagen. Wir haben sicher eine Stunde auf einen der Mitreisenden gewartet. Auf der Fahrt habe ich irgendwann mit Juan Luis über die Tage nach dem Rennen gesprochen. Gerne würde ich Natur pur erleben, habe ich ihm gesagt.

“You want to see some crocodiles?”, meinte er mitten im Gespräch. Fünf Minuten später stehen wir auf einer Brücke. Unter uns verläuft ein Fluss und  am Ufer liegen sie. Ich sehe zum ersten Mal in meinem Leben lebendige Krokodile. Ein paar andere Touristen schmeißen Äpfel, die Tiere gehen jedes Mal aufs Neue von etwas Essbarem aus. Riesige Mäuler haben sie…

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Ich frage Juan Luis, ob in den Flüssen, die wir beim Rennen mit dem Bike durchqueren müssen,  die Allesfresser ebenfalls zu Hause sind? Wirklich beruhigt hat mich seine Antwort nicht: “Don´t go swimming in any river here”…

Also weiter zum Renngelände. 13:00 Uhr Pressekonferenz in nettem Ambiente direkt am Strand. Ich sehe zum ersten Mal live den Pazifik. Hektische Vorbereitungen. Zunächst ist alles ein wenig verwirrend, aber irgendwann stehe ich mit Todd Wells (mehrfacher US- Meister) vor einer der Sponsorenwände. Ein Fototermin am Strand und einige Fernsehinterview folgen. Eines ist in jedem Falle ähnlich zu Europa: Die Interviewdame sieht gut aus… 😉

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Mittlerweile ist es wahnsinnig heiß. Um 15:00 Uhr sitzen wir auf dem Rad und fahren ein paar Kilometer der morgigen Strecke. Es geht quasi wieder direkt hinein in den ersten Berg, zunächst flach, dann immer steiler. Nach ca. vier Kilometern will ich warten und fragen, wie weit es noch ist. “Erst die Hälfte und noch steiler”, lautet die Antwort. War ja klar… Wäre auch zu einfach gewesen. Ich sehe die zwei Kolumbianer den Berg hochfliegen. Sie starten für das Team “Pizza Hut”, sehen allerdings eher nicht danach aus, als ob sie viel Pizza essen würden. Der eine ist der Sieger des vergangenen Jahres, ich habe ihn bei der Pressekonferenz gesehen. Er ist ungefähr 20 Zentimeter größer als ich, aber mit Sicherheit trotzdem leichter. Naja… wenigstens sehe ich gesund aus. 😉

Vom Training zurück springe ich sofort ins Meer. Die Wellen scheinen perfekt zum Surfen, die einheimische Jugend tummelt sich im Wasser. Der Surf-Versuch ist jetzt auf der ‘to do Liste’.

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Noch kurz ein Thema, das den ein oder anderen sicher auch interessiert: Doping. Wir sitzen gerade am Abendtisch und die Jungs begrüßen einen kolumbianischen Rennfahrer überschwänglich. “Really good guy, but he is not competing this year.” Erst weiß niemand so recht, warum er nicht startet. Doch dann fällt es einem ein: “Suspendiert”. Ich sehe leider einige meiner Vorurteile bestätigt und frage, wieso er “good” ist, wenn er positiv getestet wurde. “Er war gut”, bekomme ich als Antwort und ich muss wieder widersprechen. Alle stimmen mir zu, dass keine seiner Leistungen der Vergangenheit etwas wert gewesen ist, weil keiner weiß, ob sie sauber oder nicht sauber erbracht wurden. Aber der Umgang mit diesem Thema zeigt mir mal wieder, wie unterschiedlich die Auffassungen zum Thema Doping hier sind.

Genug nun… Es ist bereits 20:00 Uhr und ich bin schon müde. Morgen heißt es um 4:00 Uhr aufstehen, denn um 6:00 Uhr ist Start! Man, bin ich froh um den Jetlag. Ohne wäre das der Horror! 😉

Grüße und drückt mir die Daumen für das Rennen morgen. Es wird eine Siegerzeit von 5:30 Stunden erwartet… Lieber nicht dran denken!!!

Gute Nacht! Markus

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23.10.   Tagebuch #2: Formel 1 auf dem Mountainbike???

Nachdem mein erster Tag hier in Costa Rica so reibungslos abgelaufen ist, war ich guter Dinge, auch heute tolle Dinge zu erleben. Nach einem ausgiebigen Frühstück (irgendwie ist das Essen hier sehr europäisch) ging es direkt aufs Rad. Fast hätte ich geschrieben: Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal um 7:00 Uhr in der Früh auf dem Rad saß.” Aber ich erinnere mich: Furtwangen Marathon 2012. Naja, ganz so schlimm wie damals war es nicht… Rechnet man die Zeitumstellung zu Europa, dann war es eigentlich ja 15:00 Uhr für mich.

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Wir sind mit einer größeren Gruppe – natürlich alle auf Scott Bikes unterwegs – direkt in den Anstieg der 2. Etappe. Nach zehn Kilometern Teerstraße und ca. 900 zurückgelegten Höhenmetern – teilweise schon richtig steil –  dachte ich mir nur: “Alles klar Markus, das war jetzt schon mal der Schauinsland Anstieg”. Nach weiteren vier Kilometern auf Schotter traute ich mich, Juan Luis zu fragen, ob das denn die Hälfte des Anstiegs sei? Da fing er an, laut zu lachen und sagte nur: “Thats the beginning, Markus”.

Nach einigen weiteren Kilometern zeigt mein Bryton GPS-Gerät schon 1400 Höhenmeter und Kilometer 18. Dann steigt Juan plötzlich ins Auto, zuerst verstand ich nicht warum, aber dann: Es geht bergab – 30-35% auf einer Teerstraße. Sofort haben wir 80 Sachen auf dem Tacho. Es hat Nebel, die Rechtskurve bekomme ich nur mit Mühe.

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Nach circa zwei Kilometern passieren wir eine Brücke und sofort geht es wieder senkrecht den Berg hoch… Konstant 15 Prozent und mehr. Ich traue meinen Augen nicht, als ich das Schild sehe ‘Volcano 24km’. Lange Rede kurzer Sinn: Ich steige ins Auto und werde mir noch eine Stelle weiter oben anschauen, die angeblich “entscheidend” sein soll. Dieses Teilstück ist circa vier Kimometer lang, ist teils Schotter teils Wiese. Ich habe eine Übersetzung von 26-36, den kleinsten Gang, gekettet und bin trotzdem richtig am Ackern, um die Kurbel rumzubekommen. Mir dämmert so langsam was hier auf mich wartet.

Das letzte Stück fahren wir wieder im Auto. Nach ungelogen 40 (!) Kilometern Anstieg mit gut 2600 Höhenmetern sind wir oben angekommen. Ich bin mir sicher: SO ETWAS HABE ICH NOCH NICHT GESEHEN! Bei all dem habe ich die Worte von Benjamin Sonntag im Ohr: “Der erste Tag macht das Gesamtklassement”. Naja…. das sehe ich jetzt ein wenig anders, aber wir werden es ja sehen.

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Um 14:00 Uhr ist Meeting im Büro. Alle Mechaniker und Betreuer sind da, und es wird heiß diskutiert. Ich verstehe natürlich nullkommanull. Nach zwei Stunden ist alles organisiert und der Mechaniker kümmert sich noch um meinen Scott-Boliden. Fast alles läuft perfekt…. nur den genialen Einfall mit dem Formel 1 ähnlichen Pitstop auf dem höchsten Punkt des Berges muss ich begraben. Der Anstieg ist technisch und vom Boden her so ‘einfach’, dass man Reifen quasi ohne Profil fahren könnte. Die Abfahrt jedoch sehr verblockt und steinig – also überhaupt nicht geeignet für leichte Reifen. Da drängte sich die Idee, eben einen kurzen Pitstop mit Laufradwechsel auf dem höchsten Punkt einzulegen, geradezu auf. Nur doof, dass ich meine Schwalbe ‘Thunder Burts’ daheim gelassen habe, und es hier in Costa Rica solch einen Reifen nicht gibt. Dann gibt es eben keine Formel 1 Experimente…

Später in Juan Luis’ Haus bekomme ich noch eine Massage. Seine Frau kocht lecker zu Abend und fährt mich ins Hotel. Morgen um 8:00 Uhr geht’s los in Richtung Pazifik. Um 12:30 Uhr ist die Pressekonferenz. Das ganze Event hat wirklich einen guten Stellenwert hier. Es soll mehrere Stunden Liveübertragung im Fernsehen geben… Ich bin mal gespannt.

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Gute Nacht und bis dahin. Euer Markus

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22.10.   Tagebuch #1: Wenn die Welt einem acht Stunden Zeit schenkt

Es fühlt sich an wie ein langer Tag, aber es waren zwei. Die Reise war eigentlich traumhaft und irgendwie hängt doch alles miteinander zusammen. Von den 14 Stunden Flug habe ich nicht viel mitbekommen. Meine geniale Taktik in den Tagen zuvor war es, so wenig wie möglich zu schlafen, um völlig erschöpft in den Flieger einzusteigen. Das hat perfekt funktioniert… Da war es auch egal, dass mein 70-jähriger, wohlgenährter und schnarchender Sitznachbar ungefähr 25% meines Sitzes in Beschlag nahm…..

Die Ankunft hier in San Jose in Costa Rica war um 4:30 Uhr Ortszeit. Das war dann auch ziemlich früh für die beiden Jungs von Scott Costa Rica, die mich abgeholt haben. Ich hatte im Vorfeld sehr netten email-Kontakt mit ihnen und war froh, dass sie mich so locker und entspannt empfangen haben wie erhofft. Wir haben mein ganzes Zeug auf den Truck geladen und sind dann erst mal zum 24h-Restaurant. Um 5 Uhr morgens etwas zu Essen zu finden, ist ja auch bei uns in Deutschland nicht so einfach. Am Ende stand “Fruit Salad” auf der Speisekarte, darauf hatte ich mich sowieso gefreut. War auch echt gut! Den Kaffee konnte man allerdings nicht wirklich trinken. Komisch, Costa Rica ist doch für seinen guten Kaffee berühmt…. dieser kann jedoch nicht damit gemeint sein. In jedem Fall gehe ich in den nächsten Tagen  Bohnen für die Freiburger Kaffeemühlen holen. Und dann wird daheim getestet. 😉

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Achja… Rad fahren war ich auch schon! Nach zwei Stunden Autofahrt zum Startpunkt der “Ruta de los Conquistadores” (ich bin ja die Stunden davor kaum gesessen…), auf den besten Straßen, die ich kenne. Das war vielleicht ein Geholper. Das habe ich selten erlebt. Mir war echt schlecht, als wir da waren. Wir sind über fünf Brücken gefahren, die nur als “mehr oder weniger vertrauenserweckend” einzustufen sind,  aber ich lebe noch. Auf alle Fälle gibt es hier sehr beeindruckende Wasserfälle und alles ist grüner als grün. Der Teil der ersten Etappe am Donnerstag (bis heute dachte ich, das Rennen geht am Freitag los… haha), den ich heute gesehen habe, besteht zu 80 Prozent aus Schotter und zu 20 Prozent aus Teerabschnitten. Nicht super spannend also. Aber Rennen ist Rennen. Und den 20 Kilometer langen Teil im Dschungel mit ordentlichen Matschpassagen wollte ich heute auch nicht wirklich sehen, das reicht ja dann am Donnerstag.

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Dann ging es wieder ins Auto und ab zum Warenlager des Scott/Shimano Distributeurs in Costa Rica. Mit 80 Mitarbeitern ein ordentliches Unternehmen. Ich habe viel Hände geschüttelt, alle sind hier sehr freundlich und super interessiert. “We are proud you came, no matter what result you will put in on the weekend” habe ich irgendwann mal gehört. Das hört sich doch besser an als die Ansage vom Teamchef “Markus, Ziel ist Top 5.” 🙂  Naja wir werden sehen 🙂

Zu Abend gab  es soeben noch Fisch-Tachos und jetzt geht es ab in die Kiste. Morgen um 6:00 Uhr werden wir einen Teil der 2. Etappe ansehen. Gute Nacht und bis morgen!

Grüße aus der Sonne
Eines habe ich ganz vergessen: Sobald die Sonne hier  zu sehen ist, hält man es kaum aus und will alles andere tun, aber sicher kein Radrennen fahren. Hoffentlich wird es nicht ganz so heiß in den kommenden Tagen. Vermutlich aber doch…

Markus