Nina Benz überzeugt im Weltcup mit einem

June 3, 2024 7:51 am

Top-Ten-Ergebnis Nove Mesto hat sich in den vergangenen Jahren in der Welt des Sports mit Biathlon- und Mountainbike-Weltcupveranstaltungen einen Namen gemacht. Im Winter schreien mehr als 25.000 Zuschauer im größten Biathlon-Stadion der Welt die Sportler nach vorn, im Sommer sind es zwar ein paar Fans weniger, gleichwohl ist das tschechische “Neustadt” im Mountainbike-Weltcup seit 2011 eine feste Größe und organisiert ein stimmungsvolles Sportevent. Der richtige Rahmen für eine Topleistung: Die ist Nina Benz vom Lexware Mountainbike Team mit dem zehnten Platz im Cross-Country-Rennen gelungen. Es ist ihre erste Top-Ten-Platzierung im Weltcup und ein Statement mit Blick auf die Nominierung für die Olympischen Spiele in Paris, wo nur eine deutsche Mountainbikerin starten darf. “Top Ten im Weltcup, das ist genial, das bedeutet mir richtig viel”, sagt die 25-Jährige. Im Rennen der Männer gelang David List mit dem 15. Platz ebenfalls ein Spitzenergebnis auf höchstem internationalen Niveau. Das zweite Top-Ten-Resultat für das Lexware-Team erkämpfte Lennart Krayer mit Rang sieben im Cross-Country-Rennen der U-23-Männer. 
Short Track U23: “Das Rennen war super stressig, weil es so schnell war”Die Short-Track-Strecke in Nove Mesto am Südrand der Saarer Berge ist ein Hochgeschwindigkeits-Parcours. Technische Schwierigkeiten fehlen, es geht moderat hoch und runter, mal um Kurven, mal geradeaus. Ja, auch zwei, drei Sprünge sind drin. Dennoch: Wenn die aktuell 40 Besten – egal ob Elite oder U23 – gemeinsam in die Pedale treten, kann es sich anschließend so anhören: “Der Short Track war von Anfang an super stressig, weil das Rennen so schnell war und alle zusammen waren. Erst gegen Ende wurde selektiert, als es langsamer wurde”, sagt Lennart Krayer vom Lexware Team, der das Short Race in der Klasse U23 als 18. beendete und zumindest heil aus der Sache herauskam. Bei Teamkollege Paul Schehl war das nicht der Fall: “Ich hatte einen ziemlich uncoolen Sturz”, erzählt der 19-Jährige, der das U-23-Feld zuvor sogar kurzzeitig angeführt hatte. “Als es in eine BMX-Sektion reinging, haben sich zwei Fahrer vor mir verkeilt und sind gestürzt. Ich hatte keinen Platz zum Ausweichen und bin auch gestürzt”. Anschließend tat ihm alles weh, Paul Schehl gab das Rennen auf. Die Beschwerden waren so stark, dass er tags darauf im Cross-Country-Rennen nicht starten konnte.
Ähnlich erging es Carla Hahn vom Team Lexware im Short-Track-Rennen der U-23-Frauen. “Ich war auf Position drei oder vier, plötzlich sind die von links nach rechts gefahren und die von rechts nach links”, sagt die 18-jährige Vize-Europameisterin, “und ich war in der Mitte. Ich konnte nicht viel machen und habe mich an einem Hinterrad aufgehängt”. Massensturz. Als sie wieder aufstehen konnte – einige Fahrerinnen lagen auf ihr drauf – musste sie erst einmal ihr Bike suchen, “denn es lag nicht in meiner Nähe”. Unfallaufnahme, nachdem sie es gefunden hatte: Vorderrad platt, Sattel schief, Schaltung defekt, Bremsscheiben verbogen, Bremshebel gebrochen. “Es hat nichts mehr funktioniert”, sagt Carla Hahn, die Sturzfolgen an ihr waren ebenfalls gravierend: offenes Knie, offene Hände und Schürfwunden an Schulter und Hüfte. Sie musste das Short Race der U-23-Frauen in Runde eins aufgeben, ebenso das Cross-Country-Rennen einen Tag später aufgrund von Kniebeschwerden.
 Short Track U23: “Ich habe mir gesagt, jetzt geht das Rennen von vorne los” “Ich war am Anfang ziemlich gut dabei und habe mich auch gut gefühlt”, erzählt Lexware-Teamkollegin Sina van Thiel, “dann war da vor mir dieser Sturz. Ich weiß nicht, wer da alles gestürzt ist. Ich konnte gerade noch bremsen”.  Weiterfahren konnte sie jedoch erst, als sich das Sturzknäuel aufgelöst hatte. “Ich war okay und mein Bike war das auch, deshalb habe ich mir gesagt: Jetzt geht das Rennen noch einmal von vorne los.” Mit dem zwölften Platz bei der U23 ist Sina van Thiel “zufrieden”, wichtiger war für sie nach einem bisher holprigen Saisonverlauf jedoch die Erkenntnis: “Ich habe mich in dieser Saison noch nie so gut gefühlt wie in diesem Rennen.”Antonia Weeger war anfangs ebenfalls weit vorne zu finden. “Ich habe mich krass auf dieses Short-Track-Rennen gefreut, weil ich gut drauf bin. Dann hat sich eine nach der anderen vor mir hingelegt und ich bin auf sie drauf gefallen, weil ich nicht mehr ausweichen konnte”, erzählt die 19-Jährige. Bis sie wieder in Schwung kam, dauerte es eine Weile, “weil die Schaltung nicht mehr funktioniert hat und ich einen Hebel entklemmen musste”. Nach dem Sturz war nichts mehr wie zuvor: “Das Rad hat nicht mehr richtig funktioniert. Irgendwie ging gar nichts mehr”, klagt Antonia Weeger, “es hätte gut werden können, weil meine Beine gut waren. Aber es lief einfach nicht.” Rang 38 ist für sie eine herbe Enttäuschung.
Short Track Elite: “Vom Gefühl her, hatte ich noch mehr im Tank”
“Es war ein extrem schnelles Short-Track-Rennen, wir sind einen 32er-Schnitt gefahren”, sagt David List, “die Strecke ist extrem unselektiv. Weil alle zusammen gefahren sind, war es extrem schwierig, seine Position zu verbessern. Es war einfach kein Platz da”. Im Short Track der Männer konnte der Student aus Freiburg gegen Ende noch auf den 18. Platz vorfahren. “Vom Gefühl her, hatte ich etwas mehr im Tank, aber die Rennumstände haben nicht mehr zugelassen.”
“Richtig happy” war Nina Benz nach Rang 19 bei den Frauen, “weil es das erste Mal war, dass ich mich in einem Short Track so gut gefühlt habe. Ich wusste, dass dieser Tag irgendwann kommen wird”. Ihr Ziel war, unter die ersten 24 zu kommen, um sich für das Cross-Country-Rennen einen Startplatz in den ersten drei Reihen zu sichern. Das hat sie mit einer überzeugenden Leistung geschafft. “Ich konnte im Feld mitschwimmen, das war ein richtig gutes Gefühl”, sagt die 25-Jährige, die sich zunächst nicht um Platzierungen und noch zu fahrende Runden scherte: “Es ist gut, im Short Track nur im Moment zu sein.” Sie absolvierte dieses Rennen auf ihre Art, blickte erstmals auf als “2 laps to go” aufleuchtete. In der letzten Runde konnte sie bergauf das Tempo der Besten nicht mehr ganz mitgehen, “es hat nicht viel gefehlt, um noch weiter nach vorne zu kommen”.
Auf der offiziellen Ergebnisliste des Weltverbands UCI steht rechts oben in der Ecke: Cross-Country Short Track. Der Short-Track-Kurs in Nove Mesto wird dieser Bezeichnung nicht gerecht, Cross-Country fehlt völlig. Wo doch die Lösung so nahe liegt, wie Cross-Country-Rennen zeigt.
Cross-Country Elite: “Ich war sowas von im Tunnel, das hat einfach Bock gemacht” 
Was dem Short-Track-Kurs fehlt, das hat die Cross-Country-Strecke in Nove Mesto zuhauf: technische Schwierigkeiten in Form von selektiven, extrem steilen Anstiegen und Abfahrten durchsetzt mit fiesen Wurzeln sowie tückische Steinpassagen. Für Nina Benz hat sich auf diesem fordernden Kurs der Kreis geschlossen. Vor zwei Jahren fuhr sie in Tschechien mit dem 14. Platz ihr bis dahin bestes Weltcup-Ergebnis ein. Was folgte, war weniger erfreulich: Corona-Infektion, Bruch des Sprunggelenks, “es waren zwei schwierige Jahre”, sagt sie. Dass sie wieder gut in Form ist, hat sich bei den ersten Rennen angedeutet. Mit dieser Gewissheit und neuem Selbstvertrauen ging sie in das Weltcuprennen in Nove Mesto. “Die Ausgangssituation war mit der dritten Startreihe so geil, das hatte ich noch nie.” Getragen von der positiven Energie aus dem Short Track ist sie schon in der Startloop zur Spitzengruppe aufgefahren. Mit der Italienerin Martina Berta lieferte sie sich lange ein Jo-Jo-Duell: “Einmal war sie vorne, einmal war ich vorne.”  Über die gesamte Renndauer lag die Wahl-Freiburgerin unter den Besten, Rang zehn ist deshalb hochverdient. “Ich war schon am Limit unterwegs”, gesteht Nina Benz, “ich war sowas von im Tunnel, das hat einfach Bock gemacht.” In den letzten beiden Runden war Kampfgeist gefragt, sie hat sich durchgebissen. “Ich bin dem Team um mich herum so dankbar. Sie haben mich immer unterstützt und an mich geglaubt”, sagt sie, “ich bin froh, dass ich jetzt wieder den Anschluss an die Weltspitze geschafft habe”.
“Der Nove-Mesto-Bann ist gebrochen”, frohlockt auch David List (Foto oben), dreimal sei es für ihn beim Weltcup in Tschechien nicht gut gelaufen. Dieses Mal schon: Mit Rang 15 hat er seinen 14. Platz vom zweiten Weltcup in Brasilien bestätigt. “Es war ‘ne hart Nummer, ich habe schon alles rausgepresst”, sagt der 24-Jährige. Lange war er in einer Gruppe unterwegs, in der sich auch der Münstertäler Julian Schelb befand. “Ich habe mehrmals versucht, die Gruppe zu sprengen”, sagt List, ohne Erfolg. Am vorletzten Anstieg ging es dann zur Sache: David List musste Julian Schelb und einen weiteren Konkurrenten ziehen lassen – “ich hab da extrem gelitten” –  und im Zielsprint schob sich der italienische Europameister Simone Avondetto noch um eine Reifenstärke vor List.  Zwischen ihm auf Rang 15 und dem Zehnten liegen nur zehn Sekunden. “Es ist schon cool zu sehen, dass man so nah an den Top Ten dran ist”, sagt er, der Kampf um das zweite Olympia-Ticket sei nach wie vor offen.
Es sind im Moment die kleinen, nervenden Dinge, die Max Brandl immer mal wieder zurückwerfen. Hier mal ein Platten, dort mal ein Schleicher. In Nove Mesto ist ihm in der zweiten Runde die Kette vom Blatt runtergefallen. Anhalten, wieder draufmachen. “Hat locker 20 Sekunden gekostet”, sagt er. Etliche Konkurrenten zogen vorbei. Die Geländegewinne, die er in der hektischen Startphase (“wäre zweimal fast gestürzt”) gemacht hatte, waren dahin. Statt um Position 30 herum, lag er irgendwo zwischen 44 und 50. Erneut begann der zähe Kampf nach vorne. “Bei 3 Runden to go hatte ich einen Hänger”, sagt Brandl, doch er fing sich wieder. “Es ging dann weiter vorwärts, weil ich bergab sehr gut gefahren bin und am Berg war ich nicht wirklich langsamer”, erzählt er. In der Schlussphase schnappte er sich noch den 25. Platz. “Da mache ich jetzt keine Luftsprünge”, sagt Brandl, “das ist aber ein solides Ergebnis, mit dem ich zufrieden bin”.
Cross-Country U23: “Meine Augen und meine Reaktion waren noch nicht so schnell, wie ich gefahren bin”
“Es war ein sehr hartes Rennen auf einer sehr harten Strecke”, sagt Lennart Krayer (Foto oben) nachdem er als Siebter das Ziel im U-23-Rennen erreicht hat. “Die Wurzeln wurden immer rutschiger, weil immer mehr Dreck daran hängen blieb.” Zudem kämpfte er mit dem Lockout seiner Federgabel, konnte sie nicht verriegeln, “nicht mehr hart machen”, sagt er. “Das hat mich an den Anstiegen Energie gekostet und ich konnte auch nicht alles fahren.” Die ersten fünf waren sein Ziel, viel hat nicht gefehlt bei “brutalen Bedingungen”.
Teamkollege Benjamin Krüger hatte bei der U23 einen guten Start erwischt und sich von 65 auf 35 verbessert. Ein Schleicher am Hinterrad in der ersten Runde bremste seine Aufholjagd. Der 20-Jährige musste das Laufrad wechseln, “dadurch bin ich von 35 auf 50 zurückgefallen”. Mit “solider Pace” machte er anschließend Platz um Platz wieder gut und wurde 34.  “Hört sich gut an, wenn man aber die Umstände kennt, ist das Ergebnis bitter.”
Sina van Thiel fand gut ins Cross-Country-Rennen der U-23-Frauen – bis, ja bis ihr das Vorderrad wegrutschte und sich der Lenker verdrehte. Unsanfter Abgang. “Anschließend hatte ich Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren.” Die Folge: ein weiterer Sturz, der sie im Klassement weiter zurückwarf. Beim Sturz ist es mir in den Rücken gefahren, der hat dann ganz zugemacht, weil ich zuvor schon Rückenprobleme hatte”, sagt die 21-Jährige und schildert eine kuriose Beobachtung: “Meine Augen und meine Reaktion waren noch nicht so schnell, wie ich gefahren bin. Ich habe die Wurzeln zwar gesehen, ich habe aber zu langsam reagiert und bin einfach drauf zugefahren.” Nach Rang 16 im Feld der weltbesten U-23-Mountainbikerinnen stellt sie dennoch zufrieden fest: “Ich kann meine  Leistung wieder abrufen.”
Antonia Weeger kämpfte ebenfalls mit den schwierigen Bedingungen. Nach gutem Start und einer Position unter den ersten 20 blieb sie an einem Baum hängen, der Bodenkontakt war unvermeidbar. “Der Sturz hat mir ein paar Kräfte gezogen”, sagt sie nach Rang 29, “zufrieden bin ich damit nicht”.