Max Brandls couragierter Ritt in Gränichen
Wenn sich das Lexware Mountainbike Team mit den Besten der Welt messen möchte, ist der Weg nicht weit: Denn die Schweiz definiert das Topniveau in der Welt maßgeblich zusammen mit Frankreich. Leistungsvergleiche im Nachbarland liefern meist eine belastbare Antwort auf die Frage: Wie leistungsfähig bin ich und wo stehe ich international? Anderthalb Autostunden von Freiburg entfernt in Gränichen fand das erste Rennen um den Swiss Bike Cup statt. Max Brandl (Foto oben) zeigte im Männerrennen einen couragierten Ritt, den er auf dem vierten Platz nur vier Sekunden hinter dem Dritten beendete. Lexware-Teamkollege David List, der ebenfalls lange zur Spitzengruppe gehört hatte, verlor in der Schlussrunde aufgrund von Schaltunsproblemen etwas an Boden und wurde Neunter. Im topbesetzten Frauenrennen erkämpften sich Sina van Thiel und Antonia Weeger vom Lexware Mountainbike Team die Ränge acht und 13. Beachtlich, da beide noch der Klasse U23 angehören.
Ein Härtetest für Mensch und Material Die gemeldeten Schweizer Topleute Mathias Flückiger und Marcel Guerrini waren im Eliterennen der Männer nicht am Start. Möglicherweise hat das den offensiven Tatendrang von Max Brandl beflügelt, denn der deutsche Doppelmeister strahlte in der Anfangsphase vorneweg. “Der Start ist mir besonders gut geglückt. Ich konnte gut Tempo machen, ging nach dem langen Startanstieg als Erster in die Abfahrt und konnte eine Lücke reißen”, sagt er. Rund zehn Sekunden hinter ihm lauerte eine Fünfergruppe, zu der auch David List gehörte. Brandl blieb auf dem Gaspedal, erst in der zweiten Runde konnten die Verfolger zu ihm aufschließen. Weil ihm wenig später zweimal die Kette vom Ritzel fiel, handelte sich der deutsche Doppelmeister einen Rückstand von 30 Sekunden ein, doch es gelang ihm, “über die gesamte Renndauer physisch konstant dranzubleiben”. Seine Beharrlichkeit und weil er mit den schwierigen Matschbedingungen gut zurechtkam – “bergab hat das Rennen ziemlich viel Spaß gemacht” -, hatte er in der Schlussphase noch einmal freien Blick auf Platz drei, nur vier Sekunden trennten ihn im Ziel davon. “Mit Rang vier bin ich sehr zufrieden. Physisch ist das Rennen hier bisher der Höhepunkt seit meiner Verletzung im Januar”, sagt der 26-Jährige, “nach den Kettenproblemen in der zweiten Runde hatte ich ziemlich schnell 30 Sekunden Rückstand. Im Ziel waren es 28 Sekunden, das zeigt, dass ich auf einem guten Weg bin”.
Auch David List kam nicht problemlos “durch den Härtetest für Mensch und Material”. In der zweiten Runde, er hatte sich gerade auf Rang drei festgebissen, passierte es: “Es hat mich zweimal gewickelt.” Durch die Stürze fiel er auf die sechste Position zurück und alles sah in der Schlussrunde danach aus, dass er diesen Platz auch ins Ziel bringen würde, doch plötzlich streikte die Schaltung. “Weil ich einen dicken Gang drauf hatte, musste ich zwei Anstiege hochlaufen, die Bedingungen waren einfach abartig”, sagt List, doch er nimmt aus dem Rennen mit, “dass ich, wenn alles passt, vorne mithalten kann”.
Benjamin Krüger – zweite Saison U23 – zeigte ein famoses Rennen bei den Männern und wurde 17. “Ich bin sehr zufrieden. Ich war gut unterwegs und habe hier Fahrer hinter mir gelassen, die meine Vorbilder sind”, frohlockt der 20-Jährige. In der Schlussphase bekam auch er Probleme mit der Schaltung und musste die letzten anderthalb Kilometer “mit einem dicken Gang zu Ende fahren”, das habe ihn im Schlussklassement noch einen Platz gekostet. In Jubelstimmung war er dennoch. Zurecht. Sina van Thiel hat “ultraviel Spaß”Mit der ehemaligen Junioren- und U-23-Weltmeisterin Alessandra Keller sowie Olympiasiegerin Jolanda Neff waren hochdekorierte Schweizerinnen im Frauenrennen am Start. Sina van Thiel, die beim Bundesliga-Auftakt am vergangenen Wochenende in Bayern infolge einer Gehirnerschütterung und anschließender Pause nicht in Topform angetreten war, zeigte in Gränichen ein stabiles Rennen und war bis auf die Startphase permanent in den Top Ten zu finden. “Ich habe mich viel besser gefühlt als eine Woche zuvor. Ich komme wieder zu mir zurück”, sagt die 21-Jährige und fährt fort: “Es hat ultraviel Spaß gemacht, in dem Matsch zu fahren. Je schneller man war, desto besser ist man durchgekommen.” Sie sei glücklich “wieder auf meiner Spur zu sein”, sagt van Thiel, die im Elitefeld drittbeste Starterin des U-23-Jahrgangs war. Die ein Jahr jüngere Antonia Weeger beendete das Frauenrennen auf dem 13. Platz und war sechstschnellste U-23-Mountainbikerin. Sie habe sich anfangs ein bisschen zurückgehalten, “da aber die Beine nach der Startloop gut waren”, habe sie ihre Zurückhaltung nach und nach aufgegeben. “Am Berg habe ich immer versucht, an die vorne ranzufahren und bergab habe ich mich wieder erholt”, sagt die 19-Jährige schmunzelnd, “das hat gut funktioniert”.
Die Aufholjagd von Niklas FranzNiklas Franz bestreitet seine erste Saison in der U23 und um den jungen Mountainbikern den schwierigen Übergang von den Junioren in die breitgefächerte, nächsthöhere Klasse etwas zu erleichtern, dürfen sie in der Schweiz im ersten U-23-Jahr bei den Amateuren antreten. “Nach dem Start aus der letzten Reihe habe ich gewartet, bis sich das Feld formiert hatte und bin dann am ersten Anstieg gleich in die Top Ten gefahren”, sagt Franz. Aufgrund der matschigen Bedingungen sei die erste Abfahrt extrem anspruchsvoll gewesen, anschließend setzte er seine Aufholjagd fort. “Mitte des Rennens konnte ich die Lücke zur Spitzengruppe schließen, auf einer Abfahrt rutschte ich kurz weg und kam anschließend an die beiden Führenden nicht mehr heran”, erzählt Franz. Der dritte Platz hinter zwei starken Fahrern seines Jahrgangs ist dennoch ein Achtungserfolg für den 18-Jährigen. Lexware-Teamkollege Ole Jan Riesterer hat das Juniorenrennen nach einem Sturz und den dadurch verursachten Materialproblemen sowie mehreren Stops in der Tech-Zone auf dem 44. Platz beendet: “Es lief nicht, wie ich es mir vorgestellt habe. Da bleibt nur die Freude auf das nächste Rennen”, sagt der 16-Jährige.