Sina van Thiel wird Fünfte und Lennart Krayer Siebter beim Cross-Country-Weltcup in Italien
Die sportliche Leistung wird von vielen Faktoren beeinflusst. Schon Kleinigkeiten können sich im Spitzenbereich massiv auswirken, so erklärt sich, dass auf einen schlechten Mountainbike-Wettkampf nur wenig später ein gutes Rennen folgen kann – oder anders herum. Ein Beispiel von vielen: Lennart Krayer (Foto oben) vom Lexware Mountainbike Team. Nach dem Short Track beim MTB-Weltcup in Val di Sole (Rang 25) hatte der 21-Jährige über fehlenden Druck in seinen trainierten Beinen geklagt, doch nur drei Tage später erkämpft er sich mit Rang sieben im Cross-Country-Rennen seine bisher beste Platzierung im U-23-Weltcup. “Endlich konnte ich meine gute Form beweisen. Ich freue mich sehr über das gute Ergebnis”, sagt der Junioren-Weltmeister von 2020. Seiner Lexware-Teamkollegin Sina van Thiel erging es ähnlich. Im Short-Track-Rennen hatte sie sich “nicht gut gefühlt”und war dem Überhitzen nahe (15.), im längeren Cross-Country-Rennen behauptete sie sich von Beginn an unter den ersten zehn und wurde Fünfte. “Ich bin mein Ding gefahren und war vom Kopf her gechillt”, sagt die deutsche U-23-Meisterin. Nina Benz vom Team Lexware hat das Cross-Country-Rennen der Frauen beim Weltcup in Italien als zweibeste Deutsche auf Rang 29 beendet, im Short Track war sie als 27. beste deutsche Starterin. Max Brandl musste das Männerennen nach einem Kreislauf-Kollaps aufgeben. |
Short Track: “Ein total chaotisches Rennen”Wettkampf-Auftakt beim Weltcup in Val di Sole: die Short-Track-Rennen (XCC) der Klasse U23. “Es war ein total chaotisches Rennen”, klagt Paul Schehl, “es ging ein Steinfeld hoch. Dort kam es immer wieder zu Problemen, wenn Fahrer vornedran umfielen. Man musste dann auch absteigen und hochrennen”. Der “rock garden”, durchsetzt mit großen, runden Gesteinsbrocken, war die Schlüsselstelle des Short-Track-Kurses. “Für die, die vorne fahren, war das eine geile Strecke, für die hinten um Platz 20 war sie nichts”, sagt Schehl. Der Schnellstarter büßte anfangs sogar einige Plätze ein und wurde in der ersten Runde als 31. gelistet. “Ich habe alles probiert und bin richtig tief gegangen”, erzählt der Junioren-Weltmeister, der seine erste Saison in der U23 bestreitet. Er investierte viel und schaffte den Sprung in die Top 20, “dann bin ich geplatzt, weil es immer wieder diesen Ziehharamonika-Effekt gab”. Schehl fiel zurück und beendete das Auftaktrennen auf Platz 26.
Lexware-Teamkollege Lennart Krayer lag als 25. im Ziel einen Platz vor Schehl. “Es war kein guter Tag, ich hatte nicht so den Druck und bin deshalb nicht weiter vorgekommen.” Für das Cross-Country-Rennen drei Tage später war Krayer dennoch zuversichtlich: “Meine Form ist gut, die Anstiege hier liegen mir.”
Lexware-Teamkollegin Sina van Thiel hatte im U-23-Rennen der Frauen ebenfalls Mühe. “Ich habe mich nicht gut gefühlt”, sagt die 20-Jährige, “das Rennen war sehr schnell und es war auch sehr heiß. Mein Kopf hat bergauf geglüht”. Lachend ergänzt sie: “Ich hatte das Gefühl, dass er Funken sprüht.” Nur zu Beginn des Rennens konnte sich die deutsche U-23-Meisterin wie zuletzt in den Top Ten halten, anschließend fiel sie auf Platz 15 zurück.
Tags darauf wurden die Short-Track-Rennen der Elite ausgefahren. Nina Benz war morgens beim Training auf der Strecke, eine Runde absolvierte sie schnell als Wettkampf-Vorbereitung für das Cross-Country-Rennen am Sonntag. “Ich bin dann locker zurück in unsere Unterkunft gekommen und habe noch einmal in die Startliste für den Short Track am Abend geschaut und finde mich auf Position 40. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich da fahre.” Als Letzte ist sie in das Feld der besten 40 reingerutscht und hat sich “riesig gefreut”. Die ersten drei Runden “waren richtig gut”, anschließend sei sie ein bisschen eingebrochen. Rang 27 und somit dritte Startreihe für das Cross-Country-Rennen. “Ich bin happy mit dem Feeling, denn es war mein erster Short Track in diesem Jahr. Es war eine deutliche Steigerung gegenüber dem vorigen Jahr.”
Beim Short-Track-Sieg des ehemaligen Lexware-Teamkollegen Luca Schwarzbauer (Team Canyon) kam Max Brandl auf den 34. Platz. “Ich war motiviert und habe mich auf die Strecke gefreut”, sagt der deutsche Meister aus Freiburg, “ich hatte aber einfach nicht die Beine für mehr, das ist schade und enttäuschend”. Hin und wieder taten sich Lücken vor ihm auf und er konnte einige Positionen gutmachen, “die ich anschließend am Berg gleich wieder verloren habe”. Brandls Blick geht nach vorn: “Ich bin guter Dinge, dass es auf der schwierigen Cross-Country-Strecke am Sonntag halbwegs läuft”.
Cross-Country: “Vielleicht habe ich am Anfang zu viel gewollt”Die Cross-Country-Strecke in Val di Sole ist extrem fordernd, technisch wie physisch. “Der eine Teil ist natürlich, der andere Teil erinnert eher an einen Bike Park”, sagt U-23-Starter Paul Schehl, “die Strecke ist eine Kombination aus zwei Welten”. Er habe sich darauf extrem wohl gefühlt, allerdings sei der Start wieder sehr chaotisch gewesen. Von Rängen jenseits der 30 konnte sich der 19-Jährige bis auf Rang 19 vorarbeiten. “Nach der ersten Runde hatte ich meinen Rhythmus gefunden”, sagt er zufrieden.
Teamkollege Lennart Krayer kam im Cross-Country-Rennen der U23 noch besser zurecht, irgendwie hatte er zuvor geahnt, dass es sein Tag werden könnte. Er zeigte eine imponierende Aufholjagd, die auf Rang sieben endete: “Nach der ersten Runde war ich Top 30. Ich konnte mich anschließend perfekt nach vorne arbeiten und war zwischenzeitlich sogar unter den ersten fünf.” Besser war Krayer im U-23-Weltcup noch nie. “Die Strecke macht einfach Spaß. Es hat sich gut angefühlt.” Benjamin Krüger vom Team Lexware reihte sich auf Position 56 ins internationale U-23-Klassement ein.
Chillen ist für Sina van Thiel eine Lebenseinstellung. Sie chillt vor dem Wettkampf, sie chillt während des Wettkampfs, sie chillt anschließend, sie chillt eigentlich immer. Sie versucht, in jeder Situation entspannt zu bleiben. Sich keinen Druck zu machen. Das gelingt ihr auch im Wettkampf “Ich habe mich nicht unter Druck gesetzt und bin einfach Stück für Stück nach vorne gefahren.” Während des U-23-Rennens ertappte sie sich immer mal wieder bei “Konzentrationslücken”, die sie jedoch erfolgreich bekämpfte. Im Zielsprint sicherte sie sich Rang fünf. “Ich bin super happy damit. Von der zweiten Runde an war ich im Flow, die Strecke ist einfach megacool.”
Antonia Weeger vom Team Lexware war nach der mündlichen Abiprüfung am Donnerstag zum Weltcup nach Italien gereist. Sie startete mit einem guten Gefühl ins U-23-Frauenrennen, “ein Crash” bremste jedoch ihren Vorwärtsdrang früh: “Dadurch wurde ich nach hinten gespült”. Das Auftakterlebnis beeinflusste ihre Konzentration und sie stürzte anschließend gleich mehrmals. “Ich bin ziemlich enttäuscht, aber ich lerne daraus”, sagt sie nach Rang 41.
Nina Benz hat als 29. erstmals in dieser Weltcupsaison die Top 30 in einem Cross-Country-Wettkampf “geknackt”. “Für den Moment bin ich zufrieden, aber natürlich will ich weiter nach vorne.” Step-by-step. Nach einem chaotischen Start habe sich das Elitefeld der Frauen an der ersten 180-Grad-Kurve gestaut, “ich musste runter vom Rad”. Anschließend habe sie ihren Tritt gefunden, ganz ohne Leidensphase sei sie aber nicht durchgekommen.
Das Eliterennen der Männer endete für den deutschen Meister Max Brandl vom Team Lexware im Sanitätszelt. Nach der Startphase habe er sich gut nach vorne arbeiten können, die technische schwierige Strecke im Trentino liegt ihm eigentlich. Wie im Short Track habe er am Berg nicht die schnellsten Beine gehabt, bedenklich wurde es allerdings Ende der zweiten Runde, als er einen Anstieg in Schlangenlinien absolvierte. Er fühlte sich zunehmend unsicher auf dem Rad, wollte es aber noch bis in die Tech-Zone schaffen. Als er dort vom Bike stieg, konnte er sich nicht mehr auf den Beinen halten: Kreislaufkollaps. “Vielleicht habe ich in der Startphase zuviel gewollt?” Auch für seinen Lexware-Teamkollegen David List endete das Eliterennen der Männer in Val die Sole mit einer Enttäuschung: Platz 69.