Titelflut für das Lexware-Team bei der DM auf der schwäbischen Alb

July 24, 2023 12:15 pm
Was für eine Dominanz! Von sechs möglichen Titeln, die gestern bei der deutschen Cross-Country-Meisterschaft in Albstadt zu gewinnen waren, hat sich das Lexware Mountainbike Team aus Kirchzarten fünf gesichert. Max Brandl (Foto oben) verteidigte bei den Männern sein im Vorjahr erobertes Meistertrikot erfolgreich, ebenso wie Lennart Krayer in der Klasse U23 und Carla Hahn bei den Juniorinnen (U19). “Es ist unfassbar, beide Meistertrikots – das im Short Track und das im Cross-Country – jetzt im Weltcup tragen zu dürfen”, sagt Brandl, “es ist eine Ehre für mich und man ist dadurch schon exponiert”. Bei den Junioren war Jonas King der Schnellste, es ist sein erster nationaler Erfolg. Sina van Thiel, die deutsche U-23-Meisterin im Cyclo Cross, war national nun auch mit dem Mountainbike erfolgreich. Pech hatte Nina Benz im Frauenrennen: Hinter der Doppelmeisterin Leonie Daubermann (KTM) lag sie ungefährdet an zweiter Stelle, die Vizemeisterschaft schien ihr sicher. In der letzten Runde riss ihr jedoch die Kette und sie fiel auf Rang vier zurück. “Mit mir und meiner Leistung bin ich zufrieden, alles andere kann ich nicht beeinflussen”, sagt die 25-Jährige. Bezieht man die Short-Track-Meisterschafsrennen in die Bilanz mit ein, hat das Lexware Mountainbike Team in Albstadt sechs von acht Titeln erobert.

Fahren wie auf Murmeln
Zunächst deutete im Cross-Country-Titelrennen der Männer alles auf einen Lexware-Doppelsieg von Max Brandl und David List hin – wie zuvor schon im Short Track. Sie dominierten das Geschehen an der Spitze in den ersten Runden. “Nach zwei Stürzen hat mir bei dem Boden in Albstadt etwas Vertrauen gefehlt”, erzählt List, “deshalb hatte ich nach den Abfahrten immer mal wieder zehn Meter Rückstand, die ich zufahren musste, das hat an den Kräften gezehrt”. Von der vierten Runde, sieben waren zu absolvieren, fiel David List zurück und Max Brand war an der Spitze allein unterwegs. “Es war unglaublich rutschig, wie auf Murmeln”, sagt Brandl, “teilweise bin ich schon mit sehr viel Risiko gefahren”. Der 26-jährige Brandl baute seinen Vorsprung auf den Teamkollegen aus, List rutschte noch aus den Medaillenrängen und wurde Vierter: “Angepisst bin ich nicht, aber auch nicht zufrieden.” Brandl hat in der letzten Runde “die Spitzen bergauf und bergab etwas rausgenommen” und brachte den Sieg sicher nach Hause: “Ich wollte eigentlich nicht schon Mitte des Rennens allein da vorne unterwegs sein und erst später attackieren”, sagt der alte und neue Cross-Country-Meister, “ich hatte aber die mentale Stärke, den Vorsprung zu verteidigen, und habe bis zum Schluss durchgehalten”.
Das Short-Track-Meisterschaftsrennen zwei Tage zuvor hatte Nina Benz aufgrund von Bauchkrämpfen unter Wert als Sechste beendet, im Cross-Country-Titelkampf wollte sie den Spieß nun wieder umdrehen. Sie war auf Medaillenkurs, ging als Zweite mit 56 Sekunden Vorsprung auf die Drittplazierte in die letzte Runde. Ein üppiges Polster. Dann passierte es: Die Kette riss an einem Anstieg, Benz musste bis zur nächsten Tech-Zone mit dem Bike rennen. “Dort wurde eine neue Kette aufgezogen, aber die Medaillen waren natürlich weg, das ist megabitter”, stellt sie nach Rang vier ernüchtert fest, zumal es “ein gutes Rennen von mir war”.
 
Gefühlsexplosion bei der Siegerehrung
Lennart Krayer und Teamkollege Paul Schehl bestimmten das Cross-Country-Rennen in der Klasse U23 bis zur vierten von sechs Runden. Obwohl Krayer in Führung liegend in der ersten Runde die Kette vom Ritzel gesprungen war und er dadurch ein paar Positionen verloren hatte, konnte er rasch wieder zu den Schnellsten aufschließen. “Ich habe das Tempo dann hochgehalten und konnte so die anderen distanzieren”, erzählt der 21-Jährige, der zum vierten Mal bei einer nationalen Meisterschaft ganz oben auf dem Treppchen stand. “Ich bin sehr froh darüber, dass es mit dem Titel geklappt hat. In den nächsten zwei Wochen werden wir uns nun gezielt auf die WM vorbereiten.” Paul Schehl verfügt über herausragende MTB-Qualitäten, er hat einen mächtigen Bumms in den Beinen. Was dem Junioren-Weltmeister in seiner ersten U-23-Saison noch Probleme bereitet, ist die längere Renndauer eine Altersklasse höher. In der vorletzten Runde musste er seinen Teamkollegen Lennart Krayer ziehen lassen, die restlichen Körner reichten nicht aus, um sich eine Medaille zu sichern. Schehl fiel auf Rang fünf zurück. “Ich bin in der letzten Runde geplatzt und habe viel Zeit verloren, von Runde drei an hatte ich mit Krämpfen zu kämpfen und auch noch einen Sturz”, erzählt er. Lexware-Teamkollege Benjamin Krüger erreichte als 19. das Ziel.
Sina van Thiel erlebte nach ihrem U-23-Triumph bei der Siegerehrung “eine Gefühlsexplosion”. Als sie ganz oben auf dem Siegertreppchen stand, die Nationalhymne gespielt wurde und sie realisierte, “dass alle Menschen zu mir hochgucken und wie sich meine Schwester mit mir über den Erfolg freut”, war die 20-Jährige aus dem Allgäu sichtlich gerührt. Nach einem verpatzten Start – “nach einem Schlenker einer Konkurrentin musste ich durch die Techzone fahren, da wollte ich gar nicht hin” – fand sie jedoch schnell ihren Rhythmus und dominierte das U-23-Frauenrennen von Runde eins bis ins Ziel. Die vergangenen Wochen waren mit Top-Platzierungen im Weltcup und bei der Europameisterschaft extrem erfolgreich für Sina van Thiel, von der deutschen Meisterschaft fährt sie mit Gold (Cross-Country) und Silber (Short Track) nach Hause. Erfolgsgeheimnis? “Mir geht es gerade sehr gut. Ich mach’ mir keinen Druck und versuche, Spaß zu haben.” Klingt einfach, ist es aber nicht. Teamkollegin Antonia Weeger wurde Achte: “Das Rennen habe ich mir ganz anders vorgestellt, es war nicht mein Tag”, sagt die 18-Jährige, “die erste Runde war noch gut, von da an ging dann nichts mehr”.

Trotz Atemproblemen in einer anderen Liga
Die Juniorin Carla Hahn in Diensten des Lexware-Teams zählt international zu den Besten in der U-19-Klasse, national ist die Short-Track-Europameisterin in einer eigenen Liga unterwegs. Mit 5:37 Minuten Vorsprung auf die Zweite beendete die 18-Jährige das Cross-Country-Titelrennen. Da ist umso erstaunlicher, da sie nach ihrem Sieg in Albstadt sagt: “Mir ging es nicht so gut, ich habe fast keine Luft bekommen,aber ich bin natürlich megahappy, dass ich das Meistertrikto weiter tragen darf”.
Überlegen setzte sich auch Jonas King im Junioren-Rennen durch. “Ich habe nach der Startloop in der ersten richtigen Runde Druck gemacht, hinter mir tat sich eine Lücke auf, die habe ich dann bis zum Ende des Rennens gehalten”, erzählt der 18-Jährige aus St. Georgen im Schwarzwald. King baute seinen Vorsprung kontinuierlich auf zwischenzeitlich mehr als eine Minute aus. “Es war ein perfektes Rennen, ich hatte gute Beine und keine Rückenschmerzen”, sagt er und ergänzt: “Ich bin super happy über meinen ersten Meistertitel. Jetzt freue ich mich auf die WM.” Niklas Franz vom SV Kirchzarten behauptete sich im starken Juniorenfeld beachtlich und wurde Fünfter. “Ich habe mir mehr erhofft als Rang zwölf. Ich hatte keine guten Beine, keine Kraft und keine Power, um vorne mitzufahren”, kommentiert Emilian See seinen zwölften Platz im Juniorenrennen. Sein “Buddy” Emil Schmidt (beide Lexware) wurde 15. und sagt: “Meine DM war echt mies. Leider hat sich der Magen-Darm-Infekt vom letzten Wochenende wieder bermerkbar gemacht, das hat mir komplett den Stecker gezogen.”